Berlin: Street-Fotografie üben

Mitte/Ende April bin ich für eine Woche in Berlin gewesen. Unter anderem habe ich mir die Ausstellung von William Eggleston im c/o angesehen. Außerdem wollte ich viel herumschlendern und ein paar tolle Street-Fotos mit nach Hause bringen.

Das mit dem Herumschlendern hat teils richtig gut geklappt (ist wegen meiner Erkrankungen nicht selbstverständlich), das mit den „tollen Street-Fotos“ hat nur mäßig geklappt.

Berlin: Street-Fotografie-Paradies?

Im Monatsrückblick April 2023 habe ich bereits kurz etwas dazu geschrieben. Berlin ist d a s  Street-Fotografie-Paradies schlechthin oder etwa nicht? Überall Motive und ich mit der Kamera mittendrin. Alles super! Easy! Läuft!

Oder doch nicht? Meine Fotoausbeute in Sachen Street Photography bleibt jedenfalls weit hinter meinen Erwartungen zurück. Es läuft nicht. Ich komme nicht in den Flow, kann mich nicht gut konzentrieren.

Zunächst bin ich sehr enttäuscht darüber, aber mit mehr Abstand zur Reise fallen mir immer mehr Gründe ein, warum es genau so gelaufen ist, wie es gelaufen ist. Auch das bringt mich weiter.

Ich hatte mir zum Beispiel für die Woche kein festes Thema bei der Street-Fotografie gesetzt. Ich denke, dadurch habe ich mich quasi im Überfluss der Motive verheddert.

Gleichzeitig hatte ich zu hohe Erwartungen an mich und an Berlin. Im Nachhinein finde ich es sogar lustig, dass ich dachte, mit  d e m  einen tollen Streetfoto aus Berlin zurückkommen zu können! Nach nur einer Woche!

Erneut: Work in Progress

Fehler machen, Fehler erkennen und versuchen, es in Zukunft anders zu machen. Das fällt mir zu meiner Berlin-Woche im Rückblick ein.

Wertvolle Rückmeldungen aus der Membership Street Photography und mehr sowie eigene Gedanken geben mir weitere Hinweise, worauf ich in Zukunft achten und was ich anders machen kann. Danke an alle „SPuMies“ und besonders an Jens!

Ich fasse im Folgenden ein paar der Anregungen und meine Erkenntnisse daraus zusammen.

Geduldig bleiben

Geduldig bleiben, zum Beispiel hier: Ich versuche, Personen mit auf meine Fotos zu bekommen. Ich fotografiere in einem Moment, der mir von den Bewegungen der Personen günstig erscheint. Worauf ich dabei leider gar nicht achte: dass die Personen zur Bildaussage passen, hier: zum Fotomotiv von Eggleston auf der Plakatwand.

Erkenntnis: versuchen, auf eine interessante Person oder etwas anderes zu warten, die oder das zum Bild passt; hier zum Beispiel auf ein Auto, das zum Foto von Eggleston auf der Plakatwand passen würde.

c/o Berlin William Eggleston – Mystery of the Ordinary © 2023 Sabine Lommatzsch

Korrekte Belichtungszeit wählen

Bei diesem Foto stört die leichte Bewegungsunschärfe des Bauarbeiters.

Erkenntnis: eine kürzere Belichtungszeit einstellen, damit die Bewegung „eingefroren“ wird oder wahlweise eine noch längere Belichtungszeit wählen, damit die Person verwischt im Bild „herumgeistert“.

East Side Gallery Berlin – Farbenfroh mit Helm (Greta Ida Csatlòs – Sonic Malade) © 2023 Sabine Lommatzsch

Goldener Schnitt

Außerdem würde ich beim nächsten Mal versuchen, die Person im Goldenen Schnitt zu platzieren; bei diesem Foto weiter rechts im Bild, damit die Person in das Bild hineinläuft.

Ich habe den Goldenen Schnitt mit einem nachträglichen Ausschnitt vom Foto hergestellt.

Mehr zum Goldenen Schnitt zum Beispiel hier: https://www.adobe.com/de/creativecloud/design/discover/golden-ratio.html

East Side Gallery Berlin – Farbenfroh mit Helm (Ausschnitt) (Greta Ida Csatlòs – Sonic Malade) © 2023 Sabine Lommatzsch

Klarheit im Bildaufbau

Auch hier: kürzere Belichtungszeit. Und: Der Hintergrund ist viel zu unruhig.

Erkenntnis: als Hintergrund etwas finden, das nicht zu sehr oder besser gar nicht vom Vordergrund ablenkt. Und: Im besten Fall trägt der Hintergrund etwas zur Bildaussage bei.

Berlin – Graffiti Gneisenaustraße © 2023 Sabine Lommatzsch

Spiegelung als Spiegelung erkennbar machen

Auf meinem nächsten Foto ist die Spiegelung schlecht bzw. nicht zu erkennen. Die spiegelnde Scheibe ist getönt und bietet kaum Durchsicht.

Ich hatte das mit der Spiegelung als Übungsfeld für die Street-Fotografie in Erinnerung; für den Anfang, wenn man/frau noch zu schüchtern oder unsicher ist, um die Leute direkt zu fotografieren. Ich habe hier gar nicht darauf geachtet, ob die Spiegelung an sich als Spiegelung zu erkennen ist.

Das nächste Mal: Wenn schon mit Spiegelungen arbeiten, dann sollten diese auch als Spiegelungen erkennbar sein.

Berlin – Leipziger Straße © 2023 Sabine Lommatzsch

Den passenden Ausschnitt wählen

Der Aspekt des passenden Ausschnitts für ein Foto gilt nicht nur in der Street-Fotografie.

Hier zwei Versionen eines Fotos im Vergleich: oben das Foto „out of cam“, unten mit nachträglichem Beschnitt. In der zweiten Version bekommt das Bild mehr Klarheit im Aufbau. Der gelbe Stuhl am linken Bildrand lenkt zum Beispiel nicht mehr vom Hauptmotiv ab.

Berlin – Silhouette © 2023 Sabine Lommatzsch
Berlin – Silhouette Version B © 2023 Sabine Lommatzsch

Auch mal in Schwarzweiß denken

Farbe kann manchmal auch von der Bildaussage ablenken oder andersherum gesagt: Schwarzweiß kann eine Bildaussage hervorheben.

Mein Foto mit der Silhouette ist ein gutes Beispiel dafür. Es wirkt in Schwarzweiß klarer als in Farbe.

Berlin – Silhouette SW © 2023 Sabine Lommatzsch

Hunting and Fishing

Es gibt in der Street Photography grundsätzlich zwei Herangehensweisen, um zu guten Fotos zu gelangen: Hunting and Fishing, also Jagen und Fischen.

Beim Hunting/Jagen laufe ich mehr oder weniger schnell durch die Stadt, um interessante Personen mit der Kamera zu jagen. Beim Fishing/Fischen finde ich zunächst die perfekte Umgebung und warte anschließend darauf, dass passende Personen vorbeikommen, die ich mir dann fische.

Im Internet habe ich einen Blog-Beitrag gefunden, in dem „Hunting and Fishing“ ganz gut erklärt wird (auf Englisch): „Hunting“ vs. „Fishing“: in Street Photography

Bislang bin ich noch viel zu ungeduldig für das Fishing. Hier also ein kleiner Reminder an mich: Gone Fishing! 🙂

Berlin – „Gone Fishing“ in der Akazienstraße © 2023 Sabine Lommatzsch

Berlin: Street-Fotografie-Paradies!

Ist Berlin nun also ein Street-Fotografie-Paradies oder nicht? Ja, ich denke, es ist in jedem Fall so ein Paradies. Allerdings sollten ein paar Punkte beachtet werden, damit es nicht zu frustrierend wird. Was übrigens nicht nur für Berlin gilt, sondern natürlich ganz allgemein für die (Street-)Fotografie.

Mein Fazit: Alles gut. Ich hatte eine gute Zeit in Berlin und bin für das nächste Mal wieder ein Stück schlauer. 🙂

Berlin – Silhouette Selbstporträt © 2023 Sabine Lommatzsch

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